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Des Duells erster Teil Der Maulwurf steht in Deutschland unter Naturschutz. Daher konnte ich die
meisten Ratschläge, die ich zum meinen Problem von allen Seiten bekam, nur mit einem Lächeln
quittieren. Obwohl mir gar nicht zum Lachen war. Aber was für Ideen die Leute haben. Jeder, wie
es schien, hatte in der Hinsicht etwas zu vermelden.
Wie es hieß, könne man Kabel in die Maulwurfkanäle stecken und unter Spannung setzen. Es soll
wirksame Gifte geben. So mancher riet zu einem Vorstoß mit einem Giftgas. Ich sollte doch mal
schauen, ob es nicht möglich wäre, bei Amazon ein paar Stangen Dynamit zu bestellen und mit einem
Frontalangriff für Ruhe und Ordnung im Garten zu sorgen. Und so weiter und so fort.
Doch ich trachtete nicht nach dem
Leben meines Besuchers, selbst wenn er nicht unter Naturschutz stünde. Ich bin nur ein Gärtner,
kein Jäger. Ich wollte lediglich meinen ungebetenen Gast aus dem Garten herauskommandieren.
Angefangen habe ich mit sanften Methoden. Ich vergrub im Garten mehrere leere Weinflaschen
mit der Öffnung nach oben und goss in die Gänge des Maulwurfs Wasser. Die Flaschen sollten bei
Wind für störende Pfeifgeräusche sorgen, das Wasser sollte zumindest teilweise die unterirdischen
Tunnel des Maulwurfs zerstören. Erwartungsgemäß brachte das alles nichts, weitere Hügel tauchten
in meinem Garten auf. Aber eine Nachricht, etwas sei im Gange, hatte mein Pauli der Große sicher
erhalten.
Regelmäßig suchte ich nach weiteren Korridoren unter der Erde und machte sie
platt. Doch so konnte es nicht weiter gehen. Neue Hügel und Wege bezeugten, er machte sich nichts
draus. Ich wollte mich nicht in einen Maulwurfverfolger verwandeln und mich hinter meinem
Maulwurf durch den ganzen Garten bohren. Es musste eine vernünftige Lösung her.
Die bequeme Methode, so stand es zumindest in der Werbung, mit dem sogenannten Maulwurfschreck
brachte ebenfalls keine Ergebnisse. Ich kaufte mir fünf solcher Geräte, drei solar, zwei batterie-
betriebene. Hier setzt man auf den scharfen Hör- und Spürsinn eines Maulwurfs. Die Geräte
werden in die Erde gesteckt und produzieren in zeitlichen Intervallen ein vibrierendes Signal.
Dieses soll dann die Maulwürfe vertreiben. Einige Tage herrschte tatsächlich Ruhe im Garten,
irgendwann gewöhnte sich aber mein unterirdischer Widersacher an die störenden Geräusche und trieb
sein Unwesen weiter. Dass die Geräte ihn störten, konnte ich eindeutig feststellen. Immer wieder
versuchte er sie aus der Erde auszugraben, eines fiel dabei sogar um. Von Rückzug konnte aber
keine Rede sein. Solche Methoden funktionieren vielleicht bei irgendwelchen Weicheiern, nicht bei
meinem Prachtstück von einem Maulwurf. Bei ihm zog sowas ganz offensichtlich nicht.
| Pauli der Maulwurf und seine Abenteuer als Fotograf.
(VHS - Kassette) |
Auf die Geräusch-Methode wollte ich aber nicht gleich verzichten. Jetzt sollte
meine eigene Strategie her, etwas ganz Ausgefallenes. Ich wollte es im Garten richtig krachen lassen.
Da ich mich beruflich mit Steuerungstechnik befasse, war die Entwicklung einer Steuerung für mein
Vorhaben lediglich eine kleine Lachnummer. Der Plan war: Mit einem programmierbaren Gerät sollten
mehrere Elektromagnete angesteuert werden. Die Magnete selbst montierte ich an mehreren
Metallstäben, die ich wiederum in die Erde steckte. Die Schläge der Elektromagneten, die beim Ein-
und Ausschalten entstehen, sollten sich dann
auf die Stäbe übertragen und unter der Erdoberfläche für die Hölle sorgen. Der Vorteil: Dank eigener
Programmierung konnte ich die Zeitintervalle beliebig einstellen und die Magnete mal einzeln, mal
paarweise, mal in Gruppen mit unterschiedlicher Frequenz schalten lassen. Kurz um: Ein hervorragende
Plan. Schnell holte ich genügend Kabel, durchwühlte meine geheimen Kisten im Keller nach allem,
was ich gebrauchen konnte und im Nu war die Anlage installiert. Überall im Garten lagen jetzt
Kabel verteilt, am Ende eines jeden eine Metallstange in die Erde gesteckt mit einem Elektromagnet
oben drauf. Mein Garten sah wie ein schwer kranker Patient bei einem Kardiologen aus. Voll verkabelt.
Damit nichts
passierte wählte ich eine niedrige, ungefährliche Spannung und dichtete alles schön gegen Regen ab.
Zusätzlich
dämpfte ich die Magnete von außen etwas ab, damit die Nachbarn wegen Lärmbelästigung nicht gleich
auf die Barrikaden gehen. Dazu schrieb ich ein passendes Programm und stellte den provisorisch
angebrachten Ein/Aus-Schalter auf ON.
Es schepperte mordsmäßig. Der Krach in der Unterwelt musste
gewaltig sein. Klick klack, klick klick, klack klack, trrrrrr… Herrlich. Für mich klang das alles wie
Musik. Wie La Traviata von Giuseppe Verdi. Von mir persönlich komponiert. Toll. Wirklich toll.
Jetzt habe ich dich. Ich war sicher, wenn in dieser Umgebung ein Maulwurf überleben kann, muss er
taub sein.
Das Ergebnis war hervorragend. In den kommenden Tagen gab es keine neuen Hügel
mehr zu sehen. Es herrschte Ruhe.
Möglicherweise sollte ich demnächst über eine kleine Patentanmeldung nachdenken.
Elektromagnet gegen Maulwurf. Das wäre doch was, oder? Die ersten Zukunftspläne nahmen neuen
Formen an.
Langsam stieg in mir die Hoffnung auf, der Spuk sei vorbei. Inzwischen war meine Wiese
komplett ruiniert. Die Zahl der Hügel, die ich immer wieder platt machte, lag schon längst im
zweistelligen Bereich. Überall nur Erde, lediglich grüne Ränder erinnerten daran, was hier einmal
gewesen ist. Nach einem Regen war mein ehemaliges grünes Plätzchen nicht mal mehr zu betreten. Es
erweckte den Eindruck, Schauplatz eines Fußballspiels zwischen Baggern gewesen zu sein.
In der Zeit des Kampfes vernachlässigte ich zwangsläufig etwas meine Blumen. Immer, als ich
in den Garten kam, hatte ich den Eindruck, ich werde von ihnen schief angeguckt. Jetzt aber sollte
sich alles ändern.
| Diese alte CPU von Siemens bildete das Herzstück meiner Abschreckungsanlage.
Das Gerät konnte ich mal günstig bei Ebay ersteigern. Die Geräte, da mittlerweile veraltet,
werden nicht mehr hergestellt.
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Doch zwei Wochen später stand ich vor meiner Wiese und war wieder sprachlos.
Sie war erneut mit Hügeln übersät. So ein gerissener Plan, so viel Mühe, so eine tolle
Abschreckungsanlage. Alles für nichts. Alle Träume zerschlagen. Eine wahre Katastrophe. Ich dachte, ich lege ein Ei. Entweder
war mein
Maulwurf wirklich taub, oder er hat sich insgeheim Gehörschutzstöpsel besorgt. Vielleicht war er einer von
den Modernen, die mit Kopfhörer durch die Gegend laufen. Haben Maulwürfe überhaupt Handys? So
oder so! So was von dreist. Jetzt war ich sauer. Jetzt war ich wirklich sauer.
Na warte mal du Ratte. Wenn du denkst, das letzte Wort wurde bereits gesprochen, da bist
aber schief gewickelt.
Ein Maulwurf zeigt, was er kann:
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